Tag der Sehbehinderten: SHZ oder sehbehindert ist wenn deine Brille dreckig ist. Ein Kommentar

Kommentar:

Für den Tag der Sehbehinderten ruft der Bundesverband der Sehbehinderten jedes Jahr zu einer spezifischen Kampagne auf. Diese Jahr geht es um Smartphones als Hilfsmittel für Blinde und Sehbehinderte Menschen.

Dem Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag sind die Interessen der Menschen mit Behinderung aber egal. Der heutige Beitrag des SHZ ist ein Erfahrungsbericht einer Redakteurin, die Schlaftrunken durch ihre offensichtlich vermüllte Wohnung wankt. Mit Blinden und Sehbehinderten Menschen soll der Beitrag verbinden, dass die Protagonistin eine Brille trägt. Und der Gipfel der beschriebenen Diskriminierungserfahrung der Journalistin ist: Die Brille ist DRECKIG.
Hinzu kommen traumatische Beschreibung ihrer Kindheit, in der sie als Vierauge und Brillenschlange betitelt wurde.
Mit Sehbehinderung hat das wenig zu tun. Denn von sehbehindert wird gesprochen wenn jemand nur noch 30% oder weniger seiner Sehfähigkeit hat und das auch incl. Hilfsmittel wie Brille! Damit einher gehen massive Einschränkungen der Handlungsfähigkeit und die Erfahrungen einer gesellschaftlichen Exklusion.

Den biographischen Narrativ der SHZ Redakteurin als Diskriminierungserfahrung im Kontext von Sehbehinderung und Blindheit darzustellen ist Ausdruck von Narzissmus und der Reproduktion von Diskriminierung. Ihr Problem ist ein potentieller modisches Makel, weil sie eine Brille tragen muss. Menschen mit Sehbehinderung müssen den Tod im Straßenverkehr fürchten, weil Ampeln keine akustischen oder sensorischen Signale senden. Zudem müssen sich Menschen mit Sehbehinderung in der Öffentlichkeit mit stigmatisierenden Armbinden (an beiden Armen) markieren um versichert zu sein.

Diesen Erfahrungsbericht in den Kontext des Tages der Sehbehinderten zu stellen, ist mehr als unbedarft, es ist eine selbstverliebte Inszenierung.