Warum Freies Radio

Als dritte Säule, neben den privat-kommerziellen und den öffentlich-rechtlichen Lizenznehmern, müssen künftig eigenständige Freie Radios auf eigenen Frequenzen in Schleswig-Holstein gesetzlich ermöglicht werden. Dies gibt es medienrechtlich seit vielen Jahren in anderen Bundesländern in Form nichtkommerzieller lokaler Lizenznehmer (NKL) bzw. Freier Radios. Beispiele dafür finden sich unter anderem in Baden-Württemberg, Hessen, Thüringen oder Sachsen-Anhalt. Dort strahlen Radiovereine eigenständige, publizistische Programme mit einem 24-Stunden-Programm aus und erhalten dafür eine institutionelle Grundfinanzierung von den dortigen Landesmedienanstalten.


Freie Radios sind lokal organisiert und überregional vernetzt. Lokale Themen sind deshalb auch ein wichtiger Bestandteil des Programms. Hier wird auf einzigartige Weise lokale Berichterstattung betrieben, die in anderen Medien oft keinen Platz hat – Minderheiten, wie auch eine wirkliche musikalische Vielfalt finden dort ihren Raum.


Freies Radio ist ehrenamtlich und selbstorganisiert. Daher ist die Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht finanziell begrenzt. Freies Radio lebt von der Pluralität der Sendenden. Diese Vielfalt der Menschen und Communities spiegelt sich auch im ausgestrahlten Programm wieder. Was Freies Radio leistet, ist nicht weniger als die Vergesellschaftung des Radios. Gerade diese Lokalität und Partizipationsmöglichkeiten bietet nur Freies Radio. [1]


Nichtkommerzielles Lokalradio legt den Schwerpunkt auf mehrdimensionalen Erwerb von Medienkompetenz: Nicht nur die Sendungen werden selbst produziert, sondern auch der Sender wird selbst organisiert. Die Verantwortung erstreckt sich nicht nur auf den eigenen Programmplatz, sondern auf das gesamte Radio. [2]


Wir bringen Pluralität in Schleswig-Holsteins weitgehend monopolisierte Medienlandschaft. Freie Radios übernehmen unverzichtbare Aufgaben und Funktionen, die der öffentlich-rechtliche und privat-kommerzielle Rundfunk nicht leistet und die zudem gesellschaftlich und politisch von größter Relevanz sind. [3] Das Fehlen eines Freien Radios, welchen sozialen Bewegungen und Communities einen Raum bietet, ist ein schleswig-holsteinischer Anachronismus.


In Hamburg beispielsweise besteht das geprochene Wort auf der 93.0 MHz-Frequenz (FSK) aus ungefähr 10 Sprachen. Nichtkommerzialität sichert die Unabhängigkeit von einer Quote und damit viele erdenkliche (Nischen-)Produktionen. Das Radio selbst ist ein kultureller Faktor; es sendet und empfängt soziale Resonanzen – es agiert wechselwirkend nicht im Markt, sondern im sozialen Raum.


In Kiel, Lübeck, Neumünster, Pinneberg, Husum, Bad Segeberg, Bad Oldesloe und Flensburg existieren Radioinitiativen und Ansprechpartner_Innen. Mit einer Perspektive für die Vergabe von nichtkommerziellen Lizenzen, gründen sich derzeit weitere Radiovereine.


Diese wahren ihre inhaltliche und finanzielle Unabhängigkeit über die Einnahmen aus Spenden und Fördermitgliedsbeiträgen. Für den technischen und organisatorischen Aufbau und für die Gewährleistung einer dauerhaften Ausstrahlung wird darüber hinaus eine Basisförderung aus Mitteln der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein bzw. der Medienstiftung Hamburg/Schleswig-Holstein nötig. Daraus wird die ehrenamtliche Produktion, Ausstrahlung, Ausbildung sowie die technische und organisatorische Begleitung ermöglicht.


[1] Aus der Stellungnahme der Freien RadioCooperative Husum e.V. zum Entwurf eines Gesetzes zum Staatsvertrag über das Medienrecht in Hamburg und Schleswig-Holstein (Medienstaatsvertrag HSH vom 29. September 2006.)
[2] Aus der Stellungnahme der Anbieterinnengemeinschaft im FSK e. V. zum Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages über das Medienrecht in Hamburg und Schleswig-Holstein.
[3] Stellungnahme des Bundesverbandes Freier Radios zur Novellierung des Landesmediengesetzes in Nordrhein-Westfalen 2013